Bekannt ist die Insel Amrum bei Imkern vor allem durch ihre Belegstelle. Dabei hat die Bienenhaltung eine lange Tradition auf der Nordseeinsel. Das zumindest legt der Grabstein von Lars Gerret Urbans und seiner Frau Tine nahe. Ihn ziert nicht Kreuz oder Palmzweig, sondern ein schön in den Stein gehauener Bienenkorb.

Der Bienenkorb auf dem Friedhof von Nebel

Der Bienenkorb auf dem Friedhof von Nebel

Der Nebeler Friedhof an der St. Clemens Kirche bietet viele außergewöhnliche Grabmäler aus alter Zeit. Große Segelschiffe zieren eindrucksvoll die Grabmäler mutiger Kapitäne, ihre Lebensgeschichte ist oft in den Stein gemeißelt (1). Aber natürlich gab es auch die einfachen Leute – Fischer, Vogelfänger und Landwirte. Ihre Steine findet man in der Allee der Grabsteine in Norden des Friedhofs, unter ihnen auch der des Imkers Lars Gerret Urbans.

Geboren wurde er 1801 auf der Insel, im Alter von 70 Jahren verstarb er in seinem Wohnort Nebel. In einer Bevölkerungsliste von 1850 wird sein Beruf als Landwirt angegeben (1). Sieben Kinder hatte er mit seiner Frau Tine, geb. Quedens, die 1808 geboren wurde. 1826 kam Urban Lars als erster Sohn zur Welt, das letzte Kind Georg Hinrich schloss den Kinderreigen 20 Jahre später.

Amrum im 19. Jahrhundert

Wer heute durch Nebel wandert, ahnt, wie wenig Platz in diesen kleinen alten Häusern für eine neunköpfige Familie gewesen sein muss. Reichtum gab es dort nicht. Vom Kampf des Lebens spricht dagegen der Grabstein. Ein Gedicht auf der Rückseite endet mit diesen Versen:

Stärk uns Herr in unserm Kämpfen,
Hilf uns stets das Böse dämpfen,
End einst segnend unser Kämpfen.

Grabstein von Lars Gerret Urbans (1801-1871), Landwirt und Imker

Grabstein von Lars Gerret Urbans (1801-1871), Landwirt und Imker

Als Lars Gerret Urbans zur Welt kam, war die große Zeit der Seefahrt für die Amrumer vorbei, jene Zeit, in der fast 100 Prozent der männlichen Bevölkerung auf Walfängern unterwegs war. Die neue Zeit mit dem Badetourismus begann erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Dazwischen lebte Lars Gerret Urbans mit seiner Familie.

Die wenigen Ländereien auf der Amrumer Geest sind auch heute noch sehr nährstoffarm. Sie bringen verhältnismäßig wenig Ertrag. Hinzu kommt, dass nach der Landreform 1799 die Familien zwar Eigenland besaßen, aber die Flächen reichten höchstens für den Eigenbedarf (2). Viel Land wird es nicht gewesen sein, und man wird annehmen können, dass andere Einnahmequellen nötig waren, um die neunköpfige Familie zu ernähren. Die Bergung von angetriebenem Schiffsgut gehörte wohl ebenso dazu wie vielleicht auch der Abbau der Heide für die Reetdächer.

Heideflächen bieten auf Amrum viel Nektar für die Bienen

Heideflächen bieten auf Amrum viel Nektar für die Bienen

Der Imker Lars Gerret Urbans

Lars Gerret Urbans hat aber offensichtlich noch ein weiteres Wirtschaftsgebiet für sich entdeckt – die Bienenhaltung. Zucker war teuer, die Massenproduktion durch Zuckerrüben stand noch ganz am Anfang. Zudem musste alles vom Festland geholt werden. Da war der Honig mit Sicherheit ein einträgliches Geschäft.

Im Meersenf summt es vor Bienen

Im Meersenf summt es vor Bienen

An Stelle des Waldes, der erst Mitte des 20. Jahrhunderts gepflanzt wurde, gab es große Flächen mit Besenheide. Der Nektar dieser Heidepflanze gibt bis zu 24% Zuckergehalt (5). Aber auch im Meersenf summt und brummt es im August, offensichtlich eine sehr verlockende Pflanze für Wild- und Honigbienen. Außerdem bietet die Insel Klee, Strandnelken, Heckenrosen, Hornklee und vieles mehr als Pollen- und Nektarlieferant.

Lars Gerret Urbans muss seine Imkerei zumindest so sehr geschätzt haben, dass seine Leidenschaft für die Bienen bis heute auf seinem Grabstein neben der St. Clemens Kirche bewundert werden kann.

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Quellen:

(1) vgl. www.erzaehlende-steine.de
(2) vgl. www.onlinearkivalier.dk/cid7729271
(3) Georg Quedens, Amrum, Breklum 19/1998, S. 50
(4) Hierzu und zur Bedeutung der Bienen auf den Nordfriesischen Inseln findet man eine gute Übersicht auf der Website der Peschetz Belegstelle Puan Klent / Sylt